Soll ich wirklich alles aufgeben?
In der letzten Woche tauchten regelmäßig Ängste und Zweifel auf. Die Ängste beziehen sich ausschließlich auf die Ungewissheit, die mich erwartet.
Was ist, wenn….ich krank werde….keinen Stellplatz finde…..die GNR mich vertreibt….das Solarpanel nicht lädt…..die Gasflaschen nicht passen und ich friere…..ins Wohnmobil eingebrochen wird….ich mich heimatlos fühle….ich eine Autopanne habe…..ich mit englisch, französisch und spanisch nicht weiterkomme….
Die Zweifel betreffen überwiegend meine „großen“ Kinder. Werden sie ohne mich zurechtkommen? Was ist, wenn sie mich brauchen? Reicht telefonieren und skypen, um unsere sehr gute Beziehung aufrechtzuerhalten?
Aber auch um Johnny, mein Seelenpferd, kreisen die Gedanken. Wird er gut versorgt sein? Wird er nach mir suchen? Wird er mich wiedererkennen? Was ist, wenn ihm etwas zustößt und ich ihn nicht wiedersehe?
Manchmal erwischen mich die Sorgen um alle diese Dinge sehr kalt und ich zweifle meine Entscheidung an. Innerlich spüre ich jedoch, dass es kein Zurück gibt, dass ich fahren „muss“, dass meine Neugierde auf die Welt viel zu groß ist, um jetzt einen Rückzieher zu machen. Ich versuche an den Ängsten und Zweifeln zu arbeiten und sie aus dem Weg zu räumen. Unverhofft kommt mir heute Facebook zu Hilfe. Es wird mir eine Veranstaltung angezeigt, an der ich vielleicht interessiert sein könnte:
Totale Sonnenfinsternis am 3.9.2081….2081….2081….
Eine Sonnenfinsternis in Deutschland, die definitiv ohne mich stattfinden wird. Ein greifbares Jahr und eine reales Geschehen…ohne mich, denn zu diesem Zeitpunkt werde ich tot sein. Die Erde wird sich weiterdrehen, wenn ich tot bin. Das Leben geht weiter…auch ohne mich. Diese kurze Einsicht in die Vergänglichkeit helfen mir meine Ängste und Zweifel abzulegen. Denn die Erde wird sich weiterdrehen, egal ob ich eine Autopanne habe, eine Nacht frieren muss oder mich niemand versteht. Ebenso werden meine Kinder klar kommen, egal wo ich bin und auch Johnny wird sein Leben leben, egal wo ich bin.
Mit meinen großen Söhnen war ich soeben gemütlich in unserem Lieblingsrestaurant essen, unser letztes gemeinsames Essen vor meiner Abfahrt, denn einer von den beiden pilgert in einigen Tagen nach Nizza. (Woher hat er nur diesen Reisedrang?) Wir hatten viel Spaß und es lag kein Abschiedsschmerz in der Luft. Mir ist klar, dass uns eine räumliche Distanz nicht trennen wird. Sie leben ihr Leben bereits, obwohl ich nah bei ihnen bin. Das wird sich nicht ändern, nur weil tausende von Kilometern zwischen uns liegen.
Angst ist ein schlechter Berater. Sie lähmt, macht handlungsunfähig und hält mich vom Leben ab. Ich widme mich wieder der Vorfreude auf die Erfahrungen, die ich sammeln, die Dinge, die ich sehen, die Menschen, denen ich begegnen werde, auf die Gespräche mit meinen Söhnen, in denen ich ihnen meine Erlebnisse schildere. Heute habe ich begonnen, das Wohnmobil einzuräumen. Es war ein schönes Gefühl und ich wäre am liebsten sofort losgefahren. Noch 14 X aufwachen…..
Oh ja,
alle diese Gedanken sind gut zu verstehen
– und geradezu vorausahnbar.
Auch aus dem Hamsterad heraus 😉