Wieviel Strom benötigen wir täglich?
Frage: Woher wisst ihr, wieviel Strom ihr pro Tag verbraucht? Antwort: Durch Berechnung. Und wie ich das berechnet habe, erkläre ich in diesem Beitrag.
Physik war mit Abstand mein ungeliebtetes Schulfach. Dass im Abschlusszeugnis die Note 2 steht, habe ich ausschließlich meinem Sitznachbarn zu verdanken, aber definitiv nicht meinem Wissen. Wenn es euch ähnlich geht, kann ich euch Mut machen, das mit der Stromversorgung im Wohnmobil ist gar nicht so schwer.
Plötzlich Batterie tiefenentladen
Spätestens, wenn die Batterie Alarm schlägt, kommt die Frage auf, warum das denn, wir laden doch nur unsere Handys! Ja, so war es bei uns und unserem ersten Wohnmobil. Wissenslücke auf allen Bereichen der Stromversorgung im Wohnmobil. Trotz Solarpanel mit unbekannter WP und einem rudimentären Laderegler, der nur grün, orange und schließlich rot blinkte, standen wir 2018 Heiligabend bis Anfang Janurar 2019 mit tiefenentladener und nicht wiederbelebbarer Aufbaubatterie am schönen Strand von Bordeira/Portugal.
War nicht schön, gibt jedoch deutlich schlimmeres.
Ich hoffe, den meisten Lesern erging es nicht so und ihr informiert euch vorab, um euren Stromverbrauch richtig einschätzen zu können. Für mich war dieses Erlebnis der Startschuss für eine Recherche zu Wieso, Weshalb, Warum und Wie kann ich es besser machen.
Starterbatterie und Aufbaubatterie – der Unterschied
Mittlerweile haben wir bei mehreren Wohnmobilen Solar aufs Dach gebracht und sicherlich wissen wir noch nicht alles und sind keine Profis, aber zumindest hatten wir nie wieder eine ausgelutschte Batterie.
Neben der Starterbatterie für das Fahrzeug selbst, verfügt jedes Wohnmobil über eine oder mehrere zusätzliche „Aufbaubatterien“. Mal unter dem Beifahrersitz, mal in der Heckgarage, mal unter der Sitzbank. Irgendwo sind diese verbaut.
Der elementare Unterschied zwischen einer Starterbatterie und einer Aufbaubatterie: Die Starterbatterie muss in einer sehr kurzen Zeitspanne viel Energie zur Verfügung stellen, damit das Auto startet. Die Aufbaubatterie hingegen muss über eine möglichst lange Zeitspanne gleichmäßig Energie abgeben.
Somit bleiben uns Gel, AGM und LiFePo-Batterien für den „Wohnraum“.
Watt sind denn Amperestunden?
Elektronische Geräte verbrauchen Strom. Wieviel Strom sie verbrauchen, ist auf dem Typenschild oder im technischen Datenblatt mit Watt (W) angegeben. Eine Nähmaschine hat z.B. 50 Watt. Vereinfacht heißt das, wenn sie eine Stunde durchgehend näht, verbraucht sie 50 Watt. Die auf dem Typenschild angegebene Wattzahl bezieht sich immer auf die höchste Leistung des Gerätes und einer exakten Nutzungszeit von einer Stunde.
Die Kapazität einer Batterie wird jedoch in Amperestunden (Ah) angegeben. Da steht immer groß drauf 60 Ah, 90 Ah, 120 Ah usw. Ja und nun? Wie kriegen wir jetzt W und Ah in einen Topf?
Wir müssen also für jedes Gerät, das im Wohnmobil über die Batterie betrieben werden soll, den Verbrauch ausrechnen, am besten direkt in Ah. Etwas mühselig, aber wenn ihr euren Verbrauch und die damit benötigte Kapazität eurer Batterie und ggf. die Größe eines Solarpanels bestimmen wollt, bleibt euch nichts anderes übrig.
Berechnung Amperestunden
Nehmen wir einen üblichen Wasserkocher, den einige Wohnmobilisten an Bord haben. Auf dem Typenschild ist er mit 2100 W ausgezeichnet. Heißt, auf voller Leistung verbraucht er in exakt einer Stunde 2100 W. Natürlich läuft er niemals ununterbrochen eine Stunde. Angenommen er benötigt für euren Guten-Morgen-Kaffee 3 min bis er kocht. Was verbraucht er denn nun in Ah?
Als erstes rechnen wir Watt in Amperestunden um. Das ist super einfach, denn es wird nur Watt/durch Spannung (Volt) gerechnet. Im Wohnmobil haben wir üblicherweise eine 12 V-Spannung.
2100 Watt/12 Volt = 175 Ah
Wir wissen nun, der Wasserkocher verbraucht bei 60 Minuten Laufzeit 175 Ah. Da er aber nur 3 Minuten für den Guten-Morgen-Kaffee eingeschaltet ist, berechnen wir den Wert für 3 Minuten:
175 Ah/60 Minuten=2,92 Ah pro Minute
2,92 Ah X 3 Minuten = 8,76 Ah
Der Wasserkocher verbraucht in 3 Minuten somit 8,76 Ah eurer Batterie.
Auf diese Weise könnt ihr jeden Verbraucher berechnen, egal ob Kühlschrank, Fön, Stabmixer, Handy laden usw. Ihr rechnet W in Ah um und nehmt dann die ungefähre Zeit, die das Gerät an einem Tag benötigt.
Das Gemeine: Im Wohnmobil gibt es stille Verbraucher. Verbraucher, die wir gar nicht auf dem Schirm haben. Jede dauerleuchtende Diode, das Display des Elektroblockes, das Bedienpanel, der Frostwächter, die Druckpumpe, der Wärmesensor, Trittstufe, Spülung der Chemietoilette, Standbygeräte usw. saugen ganz heimlich an der Batterie.
Wir haben eine Liste der Verbraucher für unser Wohnmobil zusammengestellt:
Gerät | Zeit/Ladung pro Tag | Ah Verbrauch pro Tag |
---|---|---|
dauerleuchtende Dioden (Display Elektroblock) | 24 h | 0,12 |
Licht Kühlschrank (normale Glühlampe, keine LED) | 30 min | 0,63 |
Frostwächter Boiler | 24 h | 1,2 |
Tauchpumpe | 30 min | 1 |
Beleuchtung LED (Leselampen, Deckenlampe, Bad, Küche) | 4 h | 1,2 |
Handy | 1 Ladung x 2 Handys | 4 |
Laptop | 1 Ladung über 12 V | 4,2 |
Router | 1 Ladung | 1,6 |
Batterieladegerät AA/AAA für 4 Batterien | 1 Ladung | 1,7 |
Nähmaschine | 2 h | 8 |
Wechselrichter | 2 h | 2,6 |
Gebläse Truma (nur im Heizbetrieb) | 2 h | 2,4 |
Temperatursensor Truma (nur im Heizbetrieb) | 12h | 0,6 |
Verbrauch insgesamt | 29,25 |
Unser Verbrauch beträgt, wenn wir an einem Tag wirklich alle aufgelisteten Geräte mit der angegebenen Zeit betreiben nicht ganz 30 Ah. Dass wir jedoch alle Geräte an einem Tag betreiben, ist äußerst unwahrscheinlich und unterscheidet sich grundsätzlich von Sommer- und Winterbetrieb. Im Sommer ist niemals die Heizung eingeschaltet. Der Boiler für Warmwasser wird über Gas betrieben. Der Wechselrichter ist nur für die Nähmaschine gedacht. Heißt auch er verbraucht nur Strom, wenn ich nähe, was aktuell gar nicht der Fall ist. Ansonsten vielleicht 1x/Monat und dann ausschließlich zur Mittagszeit mit praller Sonne auf das Solarpanel.
Für unsere Laptops haben wir uns spezielle 12 V Ladegeräte gekauft und darüber werden sie geladen, auch nicht täglich. Das Batterieladegerät kommt vielleicht alle 2 Monate zum Einsatz. Fernseher haben wir gar nicht.
Welche Batterie benötigen wir denn nun?
Nach unserer Berechnung kommen wir also locker mit einer 100 Ah Batterie zurecht. Halt Stopp!!! Bei 30 Ah Verbrauch, wieso brauchst du denn dann 100 Ah? Das ergibt doch keinen Sinn?
Doch ergibt es. Wenn wir die LiFePo Batterien einmal außen vor lassen, dürfen Gel oder AGM Batterien nur zu 30 % entladen werden, um keinen Schaden zu nehmen. Im Notfall kann man auch mal 50 % entladen, aber die Lebenszeit der Batterie verkürzt sich je stärker sie entladen wird und wer will schon in Bordeira an Weihnachten mit tiefenentladener Batterie dastehen. Ist doch voll peinlich und outet einen als Anfänger. 🙂
Bei einer 100 Ah Batterie kann ich 30 Ah entnehmen, ohne dass sie Schaden nimmt. Perfekt für unsere Bedürfnisse. Tatsächlich haben wir 110 Ah gekauft, weil sie im Angebot war und wir ein bisschen Puffer haben wollten. Wir kaufen auch grundsätzlich keine Billigbatterien, sondern Markenware.
Wir haben uns für Gel entschieden und gegen AGM und gegen LiFePo. Warum, erzähle ich in einem weiteren Beitrag und dem Einbau des Solarpanels.
Auch wenn unsere Batterie im Angebot war, schlug sie mit 220 EUR zu Buche. Wir haben das Glück, dass in unserem Van noch ein AbsorberKühlschrank verbaut ist. Der läuft über Gas, 230 V und 12 V nur mit laufendem Motor. An die Aufbaubatterie ist er nicht angeschlossen.
Viele haben jedoch einen Kompressorkühlschrank, der ausschließlich über 12 V oder 230 V betrieben wird. Das kann sich gerade im Hochsommer zum Stromfresser entwickeln. Bei einer Leistung von 75 Watt verbraucht er 6,25 Ah. Wenn dann noch so geparkt wird, dass die Sonne auf die Seite des Wohnmobils scheint, auf der der Kühlschrank verbaut ist, kann man durchaus mit 6 Stunden Kühlbetrieb rechnen. Das sind dann schon 37,5 Ah, nur für den Kühlschrank. Mit einer 110 Ah Batterie kommt man da nicht weit.
Ich hoffe ich konnte dir einen kleinen Einblick in die Berechnung deines Stromverbrauches geben und Licht ins Dunkel bringen. Ich wünsche dir allzeit eine voll geladene Batterie und gute Fahrt!
Wenn du magst, kannst du uns gern einen Guten-Morgen-Kaffee spendieren.