Wie wir unseren Lebensunterhalt und die Reise finanzieren…
Diese Frage ist unbestrittener Platz 1. Nichts interessiert unsere Gesprächspartner brennender und sie fällt innerhalb der ersten 5 Minuten eines Gesprächs. Anfangs nervte mich die Frage und ich fand sie viel zu intim. Nach fast 3 Jahren reisen, sehe ich es mittlerweile relaxt und werde an dieser Stelle versuchen, ganz offen und ehrlich Antwort zu geben.
Wie finanzieren wir unsere Reise?
Vorweg: Wir haben natürlich weder im Lotto gewonnen, noch haben wir geerbt. Über großzügige Ersparnisse verfügen wir ebenfalls nicht.
Als Erstes ist es wichtig zu wissen, dass unsere Art zu reisen nicht teuer ist. Als wir noch sesshaft waren, hatten wir monatliche Kosten zwischen 3000 EUR und 4000 EUR. Seit 28 Monaten reisen wir und führen Haushaltsbuch. Unsere monatlichen Ausgaben belaufen sich auf durchschnittlich 700 EUR. Meist ist es deutlich weniger. Diese verteilen sich auf :
- 300 EUR Lebensmittel mit Nährwert
- 200 EUR für Diesel und Gas (wenn wir viel fahren)
- 200 EUR für neue Kleidung, Wäsche waschen, Stellplatzgebühren und Luxus (Schokolade/Wein/Bier/Eintrittskarten)
Hinzukommen noch jährliche Fixkosten für Kfz-Steuer und -Versicherung, ADAC, die Kosten für das JohnnyPony, Gebühren für Websiten usw. Auf den Monat umgerechnet sind das nochmal 200 EUR. Also gut gerechnet benötigen wir 1000 EUR pro Monat für uns Drei.
Woher nehmen, wenn nicht stehlen?
Hier möchte ich kurz einen Ausflug zu der Veränderung der Gedankenwelt machen, die das Nomadenleben mit sich bringt. Denn das Reiseleben verändert definitiv die Gehirnstrukturen und erlernte Verhaltensweisen bringen rein gar nichts mehr.
Nehmen wir als Beispiel: Ich habe Hunger und der Kühlschrank ist leer. Mein früherer Gedankengang bewusst oder unbewusst: Dann muss ich einkaufen gehen. Ich habe also über einen Umweg gedacht. Um an Essen zu kommen, musste ich Geld haben. Heute ist mein bewusster Gedankengang: Wo bekomme ich Essen her? Zeitgleich ploppen im Gehirn mehrere Möglichkeiten auf:
- Einkaufen (immer noch der Umweg)
- Foodsharing und andere diesbezügliche Apps
- Arbeiten und als Sachleistung Essen bekommen
- Schauen, was die Natur zu bieten hat (das fällt mir noch immer sehr schwer)
- Tauschgeschäfte mit anderen Campern
Mein Gehirn arbeitet mittlerweile kreativer. Insbesondere Punkt 3 lässt unsere Kosten für Lebensmittel teilweise auf 0 einpegeln. Arbeiten für Sachleistungen ist eine unserer beliebten Einnahmequellen. Wir stellen unsere Arbeitskraft nicht für bunte Scheine, sondern für etwas, was wir gerade brauchen zur Verfügung.
An dieser Denkweise könnt ihr erkennen, dass Geld für uns keinen besonderen oder ausschließlichen Stellenwert (mehr) hat. Geld wird gleichgesetzt mit Tauschobjekten (Geld ist ja auch nichts Anderes) oder unserer Arbeitskraft.
So ganz ohne das bunte Papier geht’s natürlich nicht. Spätestens an der Tankstelle brauchen wir es.
Wie erwirtschaften wir das?
- Arbeiten (meine Arbeitskraft endet nicht an der deutschen Grenze und eure auch nicht)
- Flohmärkte (trotz geringem Platz im Wohnmobil haben wir immer wieder Dinge zu verkaufen, versteh ich selbst nicht, ist aber so)
- Sachen herstellen, die andere brauchen und verkaufen
- Werbung auf den eigenen Websiten zulassen (passives Einkommen)
Ohne Sprachkenntnisse arbeiten, geht das? Ja klar.
Es gibt gerade in Touristenhochburgen immer mal wieder Aushilfsjobs, für die es reicht englisch zu verstehen. Vom Tellerwäscher, zum Flyerverteiler, Zimmer putzen oder kellnern. Es findet sich immer was.
Eine andere Möglichkeit sind Onlinejobs, sogenannte Microjobs.
Die Verdienstmöglichkeiten sind sehr vielfältig und der Verdienst beläuft sich bei uns je nach Projekt zwischen 6 EUR und 50 EUR die Stunde. Das ist natürlich kein regelmäßiges oder sicheres Einkommen. Der Nachteil: Die Projekte sind heiß begehrt und man muss schnell sein. Allerdings sind sie teilweise sehr lustig und spannend. Letzte Woche z.B. hatte ich einen Sprecherjob für Japan und mit meiner Stimme wird ein Automat bestückt, der auf der Olympiade Tokio in diesem Jahr aufgestellt wird.
Der Vorteil dieser Microjobs: Du brauchst nur schnelles Internet und kannst sie von überall ausüben. Ich finde sie auch sehr abwechslungsreich. Recherche, Umfragen, SEO-Texte verfassen, Sprecherjobs, App-Tests, Interviews….es ist ein breiter Sektor.
Fazit: Wir haben mittlerweile viele Möglichkeiten gefunden unseren Lebensunterhalt zu bestreiten. Dazu bedarf es meistens gar kein Geld und es geht auch nicht mehr darum mit aller Macht Geld zu verdienen. Der Lebensunterhalt kann auf vielfältige Art gesichert werden. Geld verdienen und einsparen halten sich die Waage.
Ich habe u.a. meine Nähmaschine dabei und nähe uns neue Kleidung aus alter Kleidung; wir tauschen Dinge mit anderen Menschen; wenn wir einkaufen, achten wir gezielt auf Sonderangebote; unser Fahrverhalten bestimmt unsere Ausgaben. Wir nehmen ebenfalls House- und Petsit Jobs an. In der Zeit sparen wir zeitgleich Geld für Diesel/Wasser/Gas.
Und natürlich arbeiten wir sporadisch für Geld.
Was sich zu vorher geändert hat:
Wir arbeiten tatsächlich nur, wenn wir Geld brauchen. So wie wir nur essen, wenn wir Hunger haben. Wir haben keinen festen Job und für mich persönlich ist der Gedanke, regelmäßig beim selben Arbeitgeber tätig zu sein, ein Albtraum.
Im ersten Moment ist die Ungewissheit, ob man einen Job findet, erschreckend. Doch wir haben gelernt, dass es immer weiter geht. Wirklich immer. Es öffnet sich jedes Mal aufs Neue eine Tür.
Der Schlüssel, wie du es finanziell schaffst, liegt einzig und allein in deinem Selbstvertrauen. Was traust du dir zu und was nicht?
Mein Standardspruch ist: Dir fehlt nicht das Geld, sondern der Mut.
Sonnige Grüße Eure Rosi
Bild von Bruno /Germany auf Pixabay
Nach langer langer Zeit hab ich mal wieder Serlenfieber geöffnet. Ich les gern eure Berichte, spannend u weckt die Reiselust u Sehnsucht. Wir sind nun Rentner und viel mit dem Wohnwagen unterwegs, haben unser Haus verkauft u nur noch ne kl Wohnung. Aber so mutig wir ihr sind wir nicht. Ihr macht das toll. Alles Gute u ganz lbgr Gaby
Liebe Gaby, man muss ja nicht alles aufgeben, um den Träumen zu folgen. Für viele passt es, noch eine Basis in DE zu haben. Ihr macht es doch genau richtig. Ich könnte mir dich jetzt auch nicht tratschend mit dem Kissen im Fenster vorstellen, so aktiv wie du bist.
Du kennst unsere Gründe und warst hautnah dabei, die im Endeffekt zu unserem Schritt des Reisens und Loslassens geführt haben. Wer weiß wie es wäre, wenn wir diese Erlebnisse damals nicht gehabt hätten.
Reist, wie es euch gefällt und genießt jede Minute. Egal wo. Ganz liebe Grüße zurück