Warum das Kindergeld bei abgemeldeten Kindern oft eingestellt wird –
Heute widme ich mich der Haushaltszugehörigkeit als eine der wichtigsten Voraussetzungen für den Bezug von Kindergeld. Sie ist in § 64 EstG geregelt.
Die Haushaltszugehörigkeit liegt vor, wenn Kind und Kindergeldberechtigter örtlich gebunden zusammenleben. Es ist dabei nicht erforderlich, dass sich das Kind ständig im Haushalt des Kindergeldberechtigten aufhält (z.B. Studium, Internat, Schüleraustausch etc.)
Bei minderjährigen Kindern gilt:
Sie teilen den Haushalt der Eltern. Grundsätzlich liegt die Beweislast bei der Familienkasse, dass das Kind nicht zum Haushalt des Kindergeldberechtigten zählt und eine dauerhafte Trennung der Haushaltsgemeinschaft vorliegt.
Für die Haushaltszugehörigkeit ist gesetzlich keine Meldeadresse erforderlich. ABER 2015 entschied der Bundesfinanzhof, dass die Meldeadresse unwiderlegbar vermuten lässt, dass das Kind zu dem Haushalt gehört, in welchem es gemeldet ist.
Die Familienkassen ziehen hieraus den Umkehrschluss:
Weicht die Meldeadresse des Kindes vom Kindergeldberechtigten ab, liegt die Vermutung nahe, dass das Kind nicht mehr zum Haushalt des Kindergeldberechtigten gehört. Das Urteil aus 2015 hat für diese Beweislastumkehr Tür und Tor geöffnet, 2018 folgte die Verordnung, dass Meldebehörden automatisch den Familienkassen zur Meldung gezwungen sind, wenn Kinder aus dem Haushalt um-/abgemeldet werden.
Seitdem erfolgt ein jährlicher Datenabgleich mit den Meldebehörden und die allseits bekannten Briefe der Familienkassen flattern den Eltern mit abgemeldeten Kindern ins Haus. Meist erfolgt zusätzlich eine Einstellung der Kindergeldzahlungen bis die Angelegenheit geklärt wurde.
Nachweis der Haushaltszugehörigkeit
Nun ist es Aufgabe der Eltern, nachzuweisen, dass das abgemeldete Kind noch immer zum Haushalt gehört.
Eltern, die mit abgemeldeten Kindern weiterhin (dauerhaft/teilweise) in Deutschland wohnen:
Bei Eltern, die weiterhin eine Wohnung in Deutschland unterhalten, ist es etwas einfacher. Einkaufsbelege, Vereinsmitgliedschaften, Mietverträge über Größe der Wohnung usw. können beigebracht werden, um darzulegen, dass das Kind zum Haushalt gehört.
Eltern, ohne Wohnung und ohne Meldeadresse in Deutschland oder im Ausland:
Besteht keine Wohnung in Deutschland, weil ihr reisend seid, gestaltet sich das Ganze schwieriger. Denn nach einem Urteil des Bundesfinanzhofes aus dem Jahr 2001 wird für die Haushaltszugehörigkeit eine Familienwohnung verlangt, die vom Kindergeldberechtigten und dem Kind auch tatsächlich genutzt wird.
Gibt es also weder im Inland noch im Ausland eine Wohnung bewegt ihr euch innerhalb einer Grauzone und ein Verfahren wg. Steuerhinterziehung ist möglich. Seid euch bewusst, es kann gut gehen und es kann unangenehme Konsequenzen nach sich ziehen.
Es ist ratsam, dass zumindest der Kindergeldberechtigte eine Meldeadresse in Deutschland beibehält und mit zeitlich begrenzter Reise/Auszeit mit der Rückkehr nach Deutschland argumentiert.
Den Nachweis der Haushaltszughörigkeit kann hier auf vielfältige Weise erbracht werden: eidesstattliche Versicherung, Kreditkartenauszüge (zum Nachweis des Aufenthalts innerhalb der EU) oder auch durchaus Bilder von euch als Familie von der Reise. Ihr könnt Kreativität zeigen, wie ihr nachweist, wo ihr alle seid.
Nun argumentieren sicher viele mit Datenschutz und das geht die Familienkasse gar nichts an. Natürlich steht es euch frei, auf das Kindergeld zu verzichten. Niemand zwingt euch, die Nachweise zu erbringen. Die Konsequenz ist die Versagung des Kindergeldes. Das sollte euch bewusst sein.
Eltern mit Wohnsitz/Meldeadresse im europäischen Ausland:
Kindergeldberechtigte, die eine Adresse im Ausland nachweisen, müssen dann leider auch nachweisen, dass sie im Land XY keine Einkünfte erzielen und keine dem Kindergeld entsprechende Leistungen beziehen.
Eine Adresse im Ausland ist daher nur angebracht, wenn ihr dort wirklich sesshaft seid. Ansonsten sind die weiterführenden Nachweise aufgrund der Rangfolge der Länder untereinander zu erbringen. Das Verfahren ist kompliziert und sehr langwierig.
Fazit:
Für die Haushaltszugehörigkeit ist ein gemeinsamer Haushalt und eine Familienwohnung erforderlich. Die Meldeadresse ist zwar grundsätzlich für den Bezug von Kindergeld nicht ausschlaggebend, anhand des Urteils des BFH aus 2015 wird jedoch ersichtlich, welche steuerrechtliche Bedeutung der Meldeadresse zukommt.
Die Familienkassen müssen darauf hingewiesen werden, dass die Meldeadresse für den Kindergeldbezug nicht ausschlaggebend ist, sondern es auf die tatsächlichen Verhältnisse ankommt. Ein melderechtlicher Verstoß ist nach dem Urteil des BFH aus 2015 steuerrechtlich unerheblich.
Auch in dieser Stelle noch einmal meine Empfehlung: Rechtzeitig vor Reisebeginn mit der Familienkasse ins Gespräch gehen. Nichts ist nerviger und umständlicher als diese Kommunikation reisend zu erledigen.
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Wie siehts denn aus, wenn ein Elternteil samt Kind im nicht-EU Ausand gemeldet ist, gleichzeitig in Deutschland steuerpflichtig ist und Einkommen aus selbstständigem Einkommen erzielt?
könnte man dann nicht Nur das Kind abmelden und gleichzeitig nachweisen, dass man samt Kind an der ausländischen Adresse gemeldet ist?
In erster Linie kommt es darauf an, wo das Kind lebt. Um deutsches Kindergeld zu erhalten, muss es in der EU/EWR leben. Wohnt es im Nicht-EU-Ausland gibt es auch kein Kindergeld. Dabei ist es unwichtig, ob die Elternteile in D steuerpflichtig sind. Diese Steuerpflicht ist nur interessant, wenn man im EU-Ausland lebt. Schau mal ins Einkommensteuergesetz. Kindergeld nur bei Aufenthalt im Inland oder EU/EWR. Wohnsitz außerhalb EU/EWR KEIN deutsches Kindergeld.